„SpeziFISCH“ – Erfolgreiche Qualifizierung an Nordsee und PC
Wie E-Learning in der Coronazeit zum guten Fang wurde
Bereits im Jahr 2018 initiierte die LEB Weser-Ems/Nord ein Projekt, das sich in seiner Ausrichtung an vielen wiederkehrenden Fragen orientiert, die den Gästeführenden entlang der Nordseeküste zum Thema Fischfang und Fischereiwirtschaft gestellt werden. Denn Touristen möchten einerseits die Natur hautnah erfahren: Gezeiten und Seeluft erleben, das Watt erkunden, segeln und baden. Sie sind aber genauso neugierig auf Hafengeschichten, maritime Traditionen und die Fischerei. Nicht zuletzt verbinden Urlaubsgäste die Reise ans Meer mit gutem Fischessen.
„Was aber bis dato fehlte, ist eine Qualifizierung, welche all dieses Fachwissen für Gästeführende bündelt.“, erklärt LEB-Projektleiterin Dr. Natalie Geerlings. Dank umfangreicher Förderung durch den Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) wurde diese jedoch möglich, „speziFisch“ war geboren. In insgesamt 100 Unterrichtsstunden galt es, fundierte Kenntnisse in großer Bandbreite zu vermitteln: von der Artenvielfalt im Lebensraum Nordseeküste bis zur Bedrohung durch Mikroplastik, vom Walfang im 18. Jahrhundert bis zu maritimen Zukunftstechnologien, von der heutigen Fischerei bis zum Konfliktmanagement, um Kritiken professionell begegnen zu können.
Der Bedarf ist da. Ganze 50 Teilnehmende zeigten sich gespannt, die speziellen Schulungen entlang des Küstenstreifens von Greetsiel bis Cuxhaven wahrnehmen zu können. Nach einer ersten erfolgreichen Erprobungsphase im Herbst 2019 und einem Fischerei-Unterrichtsblock inklusive Besuch der Firma Kutterfisch und des historischen Museums „Windstärke 10“ kam die Natur in unberechenbarer Form dazwischen: Corona! Eigentlich komplett in Präsenz geplant, mussten nun einige Veranstaltungen virtuell erfolgen, andere komplett verschoben werden. Kein leichtes Unterfangen, weiß die LEB-Verantwortliche Vanessa Reis: „Erst letzten Sommer ist extra für „speziFISCH“ über Moodle unser E-Learning-Portal entstanden, in das wir uns technisch einarbeiten mussten, um dann zu überlegen, wie wir die Inhalte auch virtuell wirkungsvoll präsentieren können.“ Da bedurfte es ebenso einer Koordination mit einigen Dozent*innen, die teilweise noch nicht mit neuen Lehrwerkzeugen wie dem Webkonferenzsystem Big Blue Button vertraut gewesen waren. Die Verzögerungen machten es zudem notwendig, den Förderzeitraum zu verlängern.
Mit der Umstellung der Lehrmethoden zeigt sich Geerlings im Rückblick zufrieden: „Wir sind überaus glücklich, dass auch die meisten Teilnehmer*innen das Experiment E-Learning mitgemacht haben.“, und ergänzt: „Man kann durchaus sagen, dass wir hier Bildungs-Pionier-Arbeit geleistet haben, da viele im Nachhinein sagten, dass sie sich das vorher nicht zugetraut hätten.“ Auf der Zielgeraden im Juli 2021 absolvierte der größte Teil der Teilnehmenden sogar die finale Prüfung digital, 42 Teilnehmer*innen bestanden erfolgreich.
So auch Ingo Logemann. Der langjährige Mitarbeiter bei einer Naturschutzbehörde ist seit kurzer Zeit Rentner und seitdem als Gästeführer aktiv in der Friesischen Wehde. „Der einzige Hafen, den wir hier einmal hatten, war in Ellenserdammersiel, zwar kein Fischereihafen, sondern einer, um damals Torf und Ziegel nach Wilhelmshaven zu verschiffen.“ Doch auch hier am Jadebusen kommen von Neugierigen immer wieder einmal Fragen zu Fischfang und Schifffahrt und da sei es gut, mehr über die Hintergründe zu wissen. Die Umstellung auf das virtuelle Lernen empfand der passionierte Fischesser als unproblematisch, „allerdings vermisste ich zwischenzeitlich den persönlichen Kontakt zu meinen Kollegen und Dozenten.“ Der Rechner könne eben keinen direkten Klönschnack ersetzen.
Der krönende Abschluss sollte - dem Anlass gebührend - zwingend an der Nordseeküste erfolgen. Rund 30 Gästeführende begaben sich dazu Anfang August in Neuharlingersiel auf einen Fischkutter, um zunächst gefangene Seeskorpione und später dann Seehunde in Präsenz zu bestaunen. Gerade noch vor einem großen Wolkenbruch ins Trockene gerettet, kamen nach dem Ausflug alle im Gulfhof Friedrichsgroden bei Romy Meister zusammen. Die LEB-Mitarbeiterin war meist mit der Organisation von Räumlichkeiten und der Dozentengewinnung beschäftigt und fungierte am letzten Tag als perfekte Gastgeberin. Noch vor den kulinarischen Freuden gab es selbstverständlich Urkunde, Abzeichen plus symbolisches Netz für alle „Spezifische“, der Verdienst für eine über zwei Jahre dauernde engagierte Ausbildung.
Vom Frischling zum ausgewachsenen Exemplar: Mit diesem gezielten Angebot konnte die LEB nun das touristische Angebot mit Fachwissen um Fischerei und das maritime Erbe in der Region erweitern und qualifizierte Botschafter*innen entsenden. Eine Fortsetzung ist schon angedacht.